Zum Hauptinhalt springen

Perfektion im Glas: Die Privatbrauerei Ernst Barre im Portrait

Preis für langjährige Produktqualität der DLG

Streng nach dem deutschen Reinheitsgebot gelingt es dem Team um Braumeister Dirk Stapper von der Privatbrauerei Ernst Barre, einmalige Bier-Spezialitäten herzustellen. Das Familienunternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Lübbecke wurde vom Testzentrum Lebensmittel der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) zum 19. Mal mit dem "Preis für langjährige Produktqualität" ausgezeichnet – ein Interview über die Anforderungen an ein perfektes Bier und die Trends am Markt.

Herr Stapper, wie fühlt es sich an, mit dem Preis für langjährige Produktqualität der DLG ausgezeichnet zu werden?

Dirk Stapper: Als familiengeführte Regionalbrauerei, die das Brauhandwerk mit 180-jähriger Tradition ausübt, erfüllt es uns mit großem Stolz bereits 19-mal mit dem DLG-Preis für langjährige Produktqualität ausgezeichnet zu werden. Eine enorm große Wertschätzung für unser Familienunternehmen und die Leidenschaft, die wir in unser Produkt stecken. Auch in diesem Jahr wurden fünf unserer Biere – Barre Pilsener, Barre Weizen, Barre Natur Alster und Barre Natur Alster Alkoholfrei – mit Gold prämiert.

Worin unterscheidet sich Ernst Barre von anderen Brauereien und welche Rolle spielt der Bezug zur Region?

Die Menschen vor Ort sind stolz auf ihr Heimatbier. Als regionales Familienunternehmen sind wir deshalb eng verwurzelt mit unserer Region. Eine nachhaltige Ausrichtung unserer Unternehmensstrategie sehen wir als Selbstverständlichkeit für uns. Wir brauen unser Bier mit eigenem Quellwasser aus dem Wiehengebirge, das für den unverwechselbaren Geschmack unserer Produkte sorgt. Bei der Herstellung achten wir zudem besonders auf Schutz von Umwelt und Ressourcen. Wir sind mehr als "nur" ein Arbeitergeber, denn wir verstehen uns als Partner der Region und unterstützen daher zusätzlich auf vielfältige Weise lokale Vereine, Organisationen und Projekte.

„Wir verstehen uns als Partner der Region und unterstützen auf vielfältige Weise lokale Vereine, Organisationen und Projekte.“

Fester Bestandteil Ihrer Tradition sind auch die beiden rheinisch-deutschen Kaltblüter Gustav und Alfred ...

Unser Pferdefuhrwerk gehört zu den letzten regelmäßig fahrenden Arbeitsgespannen in Deutschland. Mit Barre’s Bierkutsche beliefern Gustav und Alfred die örtlichen Bars, Kneipen und Restaurants mit Barre-Bier und sind ein fester Bestandteil des Lübbecker Stadtbildes.

Absatz und Ausstoß stagnieren, während Preise für Energie und Rohstoffe in der deutschen Brauwirtschaft steigen ...

Das ist in der Tat eine große Herausforderung, der wir uns seit Jahren erfolgreich stellen. Dass sich unser Familienunternehmen auch nach 180 Jahren weiter erfolgreich am Markt behaupten kann, ist nicht zuletzt ein Resultat fester Prinzipien. Dazu gehören neben der Glaubwürdigkeit der Marke eine kompromissloses Bekenntnis zur Qualität sowie zum Schutz der natürlichen Ressourcen.

Was braucht eine mittelständische Brauerei heute, um erfolgreich am Markt zu bestehen?

Wir haben unsere Chance darin erkannt, authentische Regionalbiere zu brauen. Herkunft, Herstellung und Nachhaltigkeit sind in den letzten Jahren immer stärker bei Kaufentscheidungen miteinbezogen worden. Qualitätsprodukte aus der Heimat gewinnen an Bedeutung, das spüren wir.

Neben Pilsener und Weizen entstehen bei Barre auch Bockbier und Alt. Wie kam es zu dieser Vielfalt und diesem Mix an Biervariationen?

Im Vergleich zur Gründungszeit unserer Brauerei hat sich das Umfeld stark gewandelt. Dies erfordert auch die Anpassung des Sortiments. Die Herausforderung besteht darin, verschiedene Geschmacksprofile und Konsumanlässe zu bedienen. Als saisonales Highlight ist hier in jedem Fall der Barre Maibock als Starkbier zu nennen, dem wir jährlich ein eigenes Kundenfest zum Saisonstart widmen, den traditionellen Maibock-Anstich.

Ist das Mälzen und Brauen in Zeiten von Industrie 4.0 heute noch ein Handwerk – oder ein ingenieurwissenschaftlicher Prozess?

Bierbrauen ist und bleibt ein Handwerk! Wie andere Handwerksberufe profitiert aber auch das Brauhandwerk durch den technologischen Fortschritt von Arbeitserleichterungen und Effektivitätssteigerung. Dabei treffen traditionelle Prozesse auf energieeffiziente und ressourcenschonende Lösungen für eine nachhaltige Produktion. Durch Optimierungen im Sudhaus ist es uns beispielsweise gelungen, die Kochzeit um 50 Prozent zu reduzieren und 35 Prozent Energie einzusparen, was gleichzeitig zu einer geringeren thermischen Belastung der Produkte führt.

„Bierbrauen ist und bleibt ein handwerklicher Beruf, der Verständnis und Leidenschaft für den Prozess erfordert.“

Wie beurteilen Sie die Qualität der Zutaten, die Sie für den Brauprozess verwenden?

Für die Auswahl unserer Rohstoffe Malz und Hopfen setzten wir auf zertifizierte Lieferanten, denen wir vertrauen. Wir profitieren hier von langjährigen Lieferpartnerschaften, die uns durch kontinuierliche Top-Qualität überzeugen und unserem Anspruch an die Rohstoffbeschaffenheit immer wieder aufs Neue gerecht werden. Eine große Besonderheit gilt hier unserem Brauwasser. Wie zur Gründungszeit schöpfen wir auch heute noch das Wasser für unser Bier aus eigenen Quellen im Wiehengebirge – eine extrem profilgebende Komponente für unsere Produkte. Zutat Nummer vier, die Hefe, stammt ebenfalls aus eigenem Resort und wird von uns in einer eigenen Hefereinzucht gezogen.

Und auch der Brauprozess muss kontrolliert und präzise gesteuert werden ...

Bei uns steht die lückenlose Überwachung des Brauprozesses im Vordergrund. Damit bei unseren mehrfach von der DLG ausgezeichneten Bier eine immer gleichbleibende Qualität entsteht, setzen wir auf moderne Inline- und Offline-Messtechnik. Es gibt Messstellen in allen Bereichen der Brauerei zur Erfassung von Temperatur, Druck, Leitwert, Füllstand, pH-Wert, Wärmemengenmessung bis hin zu speziellen Durchflussmessungen.

„Unsere Braumeister müssen sich 100-prozentig auf die Messwerte aus den einzelnen Produktionsschritten verlassen können.“

Ein gutes Bier braucht einen stabilen Schaum. Welche Faktoren spielen für die Schaumaktivität und -stabilität eine Rolle und welche Parameter erfassen Sie? Welche Rolle spielt die Hefe dabei?

Letztendlich ist die CO2-Konzentration im Bier verantwortlich für eine optimale Schaumbildung, während die Hefe großen Einfluss auf die Stabilität des Schaumes hat. Vorher allerdings muss schon im Brauprozess dafür gesorgt werden, dass es überhaupt möglich ist, dass Schaum entstehen kann. Dafür benötigt es Eiweiße und Kohlensäure.

Mit dem Hype rund um Craft-Biere ist auch die Nachfrage bei traditionellen Spezialitätenbieren wieder gewachsen ...

Dank der Craft-Bier-Welle sind endlich wieder Faktoren, wie Bierherstellung und Rohstoffe in den Mittelpunkt der Gespräche gerückt. Gerade in diesem Segment können lokale und regionale Brauereien punkten und ihre Bierkompetenz und ihren Qualitätsanspruch erfolgreich unter Beweis stellen, indem sie authentische Spezialbiere brauen. Wir haben hierzu die limitierten Serien der Barre Edition ins Leben gerufen, die jährlich ein Spezialbier präsentiert. Mit großer Begeisterung und viel Enthusiasmus widmet sich unser Team der Brauer dieser anspruchsvollen Aufgabe jedes Jahr aufs Neue.

„Dank der Craft-Bier-Welle sind endlich wieder Faktoren, wie Bierherstellung und Rohstoffe in den Mittelpunkt der Gespräche gerückt.“

Bedeutet dieser Trend einen gravierenden Wandel in der deutschen Bierbranche?

Das Craftbier-Segment bleibt hinsichtlich seines Volumens überschaubar. Verständlich, wenn man die Preisgestaltung aufgrund der aufwendigen Herstellung berücksichtigt, sowie die häufig extremen und polarisierenden Geschmacksprofile. Dennoch hat die Bierbranche von dem Trend profitiert, indem die Wertschätzung für das Produkt Bier und das Brauhandwerk an Wertschätzung gewonnen hat.

Kritiker werfen dem deutschen Reinheitsgebot vor, dass es die deutschen Brauer daran hindert, interessantere Biere zu machen. Was entgegnen Sie?

Obwohl nach dem deutschen Reinheitsgebot nur Wasser, Hopfen, Malz und Hefe zum Einsatz kommen, kann von Einheitlichkeit keine Rede sein! Unsere Brauereimeister stellen jedes Jahr aufs Neue ihre exzellente Kompetenz sowie Experimentierfreude im Brauhandwerk unter Beweis. Es stehen rund 170 verschiedene Hopfensorten und 40 verschiedene Malzsorten zur Verfügung, außerdem gibt es knapp 200 unterschiedliche Hefestämme. Auch die Wahl des eingesetzten Wassers hat Auswirkungen auf das Aroma des Bieres. Ganz zu schweigen von den Besonderheiten der Brauverfahren. Unter Berücksichtigung aller Varianten bestehen mehr als eine Million verschiedene Möglichkeiten, ein Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot zu brauen.

„Es bestehen mehr als eine Million verschiedene Möglichkeiten, ein Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot zu brauen.“

Wie wird sich Barre in den kommenden Jahren aufstellen?

Wir sehen langfristig eine große Zukunftschance für unser Familienunternehmen durch unseren engen Regionalbezug, die nachhaltige Unternehmensstrategie und zugleich durch eine authentische Bodenständigkeit und die Leidenschaft, mit der wir uns dem Bierbrauen täglich widmen. Eigenschaften, die wir als Regionalbrauerei seit Gründung leben und zukünftig noch stärker in den Fokus stellen werden.

Haben Sie eine persönliche Bier-Lieblingssorte?

Das kommt immer ganz auf die Situation und den Anlass an. Jedes Bier hat seinen ganz eigenen Moment oder Anlass, indem es besonders gut passt und schmeckt.